Renzo Spotti

Berlin scheint derzeit das New York Europas zu sein, wohin es viele Künstler und Glücksritter zieht. Dort sucht auch ein Schriftsteller – der Protagonist in «Sowohlalsauch» – Inspiration für seine Arbeit, welche ihm in Zürich verwehrt bleibt. In seiner Heimat plagen ihn nur lästige Pflichten.

Mein Sowohlalsauch. Eine EnervierungAber auch in der Spree-Metropole kommt des Künstlers leicht reizbares und mimosenhaftes Gemüt kaum zur Ruhe. Dem Geistesmenschen quälen etwa quengelnde Kinder, und sowieso umgeben ihn nur egozentrische Profilneurotiker, die mit ihrem ewigen Gelabber allen nur Zeit und Luft stehlen. Zur Zerstreuung zieht sich der Schriftsteller in sein Berliner Lieblingslokal «Sowohlalsauch» zurück. Oder er sitzt zuhause vor seiner «Hermes Baby». Einzig Glenn Goulds Interpretation der «Goldberg-Variationen» kann sein misanthropisches Unbehagen zeitweilig zügeln – ebenso die Bücher von Thomas Bernhard.

Der in Zürich geborene Jazzmusiker Renzo Spotti (*1973) legt mit seinem Erstlingswerk eine lodernde Flammenschrift vor – mit einer Wut im Bauch wie ein befreiendes Free Jazz-Solo, mit sperrigen Satzschlaufen, welche dann manchmal doch etwas zu sehr an die grossen Monologe eines Thomas Bernhards anklingen.

Michael Heisch

Renzo Spotti: «Mein Sowohlalsauch. Eine Enervierung». Verlag Periplaneta, Berlin 2009. 168 S., Fr. 26.50.