Oskar Sala

Oskar Sala - Pionier für elektronische Musik schrieb 1930 Musikgeschichte, als er Paul Hindemith Kompositionen mit dem zusammen mit Dr. Friedrich Trautwein entwickelten elektronischen Musikinstrument Trautonium" urauffuehrte.

Als Oskar Sala dann später für Alfred Hitchcocks Filmthriller "Die Vögel" den eindrucksvollen Soundtrack lieferte war und blieb er bis heute einer der gefragtesten Filmkomponisten. Diesem bis heute nur von Oskar Sala gespielten Instrument liegt das physikalische Prinzip des Monochords zugrunde, indem ein Draht, der im Abstand von knapp einem Zentimeter ueber eine metallene Schiene gespannt ist, heruntergedrueckt wird und damit einen Kontakt herstellt bzw. einen Stromkreis schliesst.

Je nachdem, wo das auf der etwa einen Meter langen Schiene geschieht bestimmt der so entstandene Messwert die Tonhöhe. Damit ermöglicht das Instrument bereits vor Entwicklung der von Karl-Heinz Stockhausen benutzten Oszillatoren-Technik und den mit Tasten arbeitenden Synthesizern originelle Klänge, eine sehr individuelle und flexible Spielweise bzw. Interpretationsmoeglichkeiten, die Oskar Sala als einziger beherrscht.

Oskar Sala
geboren am 18. Juli 1910 in Greiz, studierte Komposition bei Paul Hindemith an der Berliner Musikhochschule, dort ab 1930 Entwicklung des Trautoniums zusammen mit Friedrich Trautwein; 1932 bis 1936 Studium der Naturwissenschaften in Berlin;

1938 Konstruktion eines Konzerttrautoniums, Konzertreisen durch Europa; von 1949 bis 1952 Entwicklung des Mixturtrautoniums; 1958 eigenes Studio in Berlin/Charlottenburg: Arbeiten für Kultur-, Industrie- und Spielfilme; zahlreiche Auszeichnungen (1987 Filmband in Gold).

Oskar Sala starb am 27.2.2002 in Berlin

Oskar Sala

NACHRUF VON ERDENKLANG MUSIKVERLAG

Der Komponist der Filmmusik zum Hitchcock-Thriller "Die Vögel“, Oskar Sala starb am 27.2.2002 in Berlin. Der Physiker und Musiker wurde 91 Jahre alt. Zu seinen größten Errungenschaften gehörte die Entwicklung eines der ersten elektronischen Musikinstrumente, das "Mixtur-Trautonium“. Die völlig neuartige Spieltechnik des Instruments liegt zwischen Geige und Klavier: Beim Trautonium drückt der Spieler eine Drahtsaite auf eine Metallschiene, woraufhin sich ein Stromkreis schließt. Alle Töne entstehen durch elektrische Entladungen. Sie können fließend, also ohne feste Halbtonschritte, angespielt werden.

Oskar Sala war Schüler von Friedrich Trautwein, dem Erfinder des elektronischen Musikinstrumentes "Trautonium“. Doch der Physiker hatte auch musikalische Begabung und studierte 1930 bei Paul Hindemith an der Musikhochschule Berlin. Diese zwei Seelen schlugen zeitlebens in seiner Brust und ergänzten sich in besonderer Weise. So konnte Sala das Instrument seines technischen Lehrherrn Trautwein weiterentwickeln, dafür Stücke komponieren und 1940 mit den Berliner Philharmonikern unter Carl Schuricht auftreten und u.a. auch eigens für dieses Instrument geschriebene Werke von Paul Hindemith aufführen.

Nach dem Krieg gelang Oskar Sala der Durchbruch mit dem "Mixtur-Trautonioum“, weil zum ersten Mal in der Musikgeschichte Töne gespielt werden konnten, die zwar theoretisch seit dem Mittelalter bekannt waren, aber praktisch auf keinem klassischen Instrument erzeugt werden konnten. Die von Salas Instrument erschlossenen "Subharmonischen“ oder Untertöne bilden das harmonisch-symmetrische Gegenstück zu den Obertönen. So kommt eine ganz eigene Stimmung auf.

Im Gegensatz zu den Obertönen entstehen die "Subharmonischen“ in keinem natürlichen Musikinstrument. Die Unterton-Reihe war deshalb nur theoretisch-akustisches Gedankengebilde. Für den Elektronik-Konstrukteur war die Umsetzung in der alten Röhren-Technik eine harte Herausforderung. 1952 stellte der Berliner seine Erfindung vor. Der Komponist Harald Genzmer, der heute 93jährig in München lebt, lieferte noch im selben Jahr die Noten für das erste "Konzert für Mixtur-Trautonium und großes Orchester". Schon bald sollte er für seine ausgeklügelte Röhrenschaltung internationale Patente erhalten.

Elektronik vor 70 Jahren war allerdings noch sehr aufwändig. Sala entwickelte ein "nur“ 400 Kilogramm schweres Instrument, das er als "Konzert-Trautonium“ mit auf Reisen nehmen konnte. In den 40er und 50er Jahren widmete er sich ganz der Filmmusik und verhalf zahlreichen Klassikern zum letzten musikalischen Schliff. So gab es in dieser Zeit kaum einen Werbefilm in Deutschland, der nicht durch Oskar Salas Klang-Konstruktionen einen ganz eigenen Charakter erhielt, beispielsweise das legendäre "HB-Männchen“.

1960 klopfte Alfred Hitchcock bei Oskar Sala an. Hitchcock war lange auf der Suche nach einer akustischen Umgebung für seine schauerlichen Vogelszenen, nichts wollte ihm gefallen. Als man ihm von einem Mann in Berlin berichtete, der aus einem sonderbaren Gerät auf seriösen Bühnen seltsame, höchst wirkungsvolle akustische Klangeffekte hervorzauberte, war der große Regisseur zunächst skeptisch. Hitchcock besuchte Sala und wusste sich am Ziel.

Der Berliner Kultursenator Stölzl hat in seiner Laudatio zum 90. Geburtstag Oskar Sala als "kongenialen Schöpfer des durch Mark und Bein gehenden Vogelgeschreis“ bezeichnet. Sala erhielt von namhaften Filmemachern aus Europa und Amerika Vertonungs-Aufträge und wurde mit fast allen relevanten Preisen außer dem Oskar ausgezeichnet. Seinen letzten Traum konnte sich der jung Gebliebene nicht mehr verwirklichen: Er wollte demnächst das Grab von Hitchcock in England besuchen und eine Reise nach Hollywood unternehmen.

Als Mensch zeichnete ihn besonders aus, das er bis ins hohe Alter den Kontakt zu jungen Menschen suchte. Seinen 90. Geburtstag feierte er fast durchweg mit Freunden, die mindestens 50 Jahre jünger waren als er. Sala war körperlich in bester Verfassung und lief beim Treppensteigen den Jungen davon. Bis zwei Wochen vor seinem Tod gehörte es zu seinem täglichen Ritual, vom vierten Stock seiner Charlottenburger Altbauwohnung bei Wind und Wetter zwei Mal am Tag hin- und zurück zu Fuß ins 20 Minuten entfernte Studio zu laufen, wo er seine Arbeit fortführte. Jüngst bereitete er sich auf einen weiteren Konzertauftritt in Moskau vor. Bis zuletzt forderte der Virtuose Sala den Konstrukteur Sala heraus und umgekehrt.

Oskar Sala, der auch Ehrensenator Berlins war, wurde erst vor kurzem ein Buch von dem jungen Berliner Photokünstler Peter Badge gewidmet. Er hat Sala in den letzten beiden Jahren zusammen mit dem ehem. Direktor des Deutschen Museums in Bonn, Dr. Peter Frieß, intensiv betreut, und brachte ihn immer wieder in Kontakt mit jungen Musikern. Dieser Kontakt, den Sala ständig suchte, hielt ihn jung. Badge unternahm auch Reisen nach Israel und England mit ihm, wo Sala dann sog. "Gesprächskonzerte“ gab. Zu Tonband-Einspielungen von Filmmusikausschnitten und Konzerten erzählte er seine Lebensgeschichte und zog so bis zu drei Stunden lang sein Publikum in Bann.

Das Tragische an seinem Tod: Oskar Sala hat es zeitlebens nicht geschafft, jemandem das Spiel an seinem Instrument beizubringen. So gab es den einen und immer nur einen, der das Mixtur-Trautonium spielte. Der vielleicht unnahbare Eine vergrub sich in einsamer Höhe in eine Klang-Technik-Welt, war sich seiner Einmaligkeit sicher auch bewusst, genoss sie, wahrte sie – und nahm sie mit ins Grab.

Das Deutsche Museum in München wird das Lebenswerk von Oskar Sala bewahren. Dies hatte der frühere Direktor des Deutschen Museums Bonn, Dr. Peter Frieß, seinem engen Freund Sala noch vor wenigen Wochen versprochen. Sala hatte erst vor einem guten Jahr sein gesamtes Vermögen, die Film- und Musikrechte, und den wissenschaftlichen Nachlass dem Deutschen Museum vermacht. Salas elektronisches Studio ergänzt nun die bedeutende Sammlung des Deutschen Museums zur elektronischen Musik. Von dem Erbe soll eine Oskar-Sala-Stiftung eingerichtet werden.

Diskografie

  • Gassmann, Remi & Sala, Oskar: „Electronics“ (Remi Gassmann: Electronic Music for the Ballet & Oskar Sala: Five Improvisations for Magnetic Tape), 1962
  • Sala, Oskar: „Electronic Virtuosity For Selected Sound“, 1969.
  • Sala, Oskar: „Resonanzen“ (Suite Für Elektronisches Schlagwerk), 1970.
  • Sala, Oskar: „Elektronische Filmmusik von Oskar Sala“, 1971.
  • Sala, Oskar: „Musique stéréo pour orchestre électronique en 5 Parties“, 1972.
  • Genzmer, Harald & Sala, Oskar: „Electronique et Stereophonie“, 1979.
  • Sala, Oskar: „Elektronische Impressionen“ (œuvres de Paul Hindemith : 7 Triostücke für 3 Trautonium, Konzertstücke für Trautonium und Streicher + Oskar Sala : Elektronische Impressionen), 1979.
  • Sala, Oskar: “Hindemiths Trautoniumkompositionen“, 1980.
  • Sala, Oskar: Paul Hindemith „Konzert für Orgel + 7 Stücke für 3 Trautonien + Konzertstück für Trautonium“, 1980
  • Sala, Oskar: „Electronic Kaleidoscope“, 1983.
  • Sala, Oskar: Harald Genzmer „Konzerte mit Orchester für Trautonium und Mixturtrautonium“, 1984.
  • Sala, Oskar: „Die dreißiger Jahre“ (inkl. Paul Hindemith: „Langsames Stück“, 1989
  • Sala, Oskar & Harald Genzmer: „Trautonium-Konzerte“, 1991
  • Becker, Matthias & Sala, Oskar: „Synthesizer von Gestern“, 1992.
  • Becker, Matthias & Bruse, Claudius & Sala, Oskar: „Synthesizer von Gestern - Vol 2 und 3“, 1994.
  • Sala, Oskar: „Resonanzen“ (Ré-édition auf Vinyl u.a. mit: Tanzstück mit Schlagwerk-Solo, Agitato, In leichtem Marsch-Rhythmus, Meditation, Interludium mit kleinen Schlagwerkeffekten, Echo-Strukturen, Improvisation für elektronisches Schlagwerk, Resonanzen), 1995.
  • Sala, Oskar: „My Fascinating Instrument“ (u.a. mit: Fantasie-Suite in drei Sätzen für Mixturtrautonium solo, Largo, Fanfare, Impression électronique und Elektronische Tanzsuite), 1995.
  • Sala, Oskar: „Subharmonische Mixturen “ (u.a. mit: Langsames Stück für Orchester, Rondo für Trautonium, Sechs Capricen, Chaconne Electronique und Ausschnitte aus: Der Würger von Schloss Blackmore), 1997.
  • Sala, Oskar: „Der Trautonium-Spieler Oskar Sala“ (Dokumentation/MDR Kultur), 1997.
  • Sala, Oskar: Paul Hindemith „7 Triostücke für 3 Trautonium, Konzertstück für Trautonium +Oskar Sala: Elektronische Impressionen“, 1998
  • Sala, Oskar: „Ohne Jahresangabe / Without year“ (Elektronische Filmmusik), 1998.
  • Sala, Oskar: „Concertando Rubato“ (Ausschnitte einer elektronischen Tanzsuite inner halb einer Schallplattenserie: „The early gurus of electronic music / 1948-1980“, 2000.
  • Sala. Oskar: „Ein Werkstattbesuch“ (Dokumentation/Radio Jena), 2002.

Filmografie (Auswahl)

  • Dein Horoskop - Dein Schicksal (1955) (Dokumentarfilm)
  • Schneeweißchen und Rosenrot (1955)
  • Forschung und Leben - Schöpfung ohne Ende (1956) (Dokumentarfilm)
  • Der Fluch der gelben Schlange (1962/63)
  • Die Vögel (1963)
  • Der Würger von Schloß Blackmore (1963)
  • Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse (1964)
  • Make Love Not War - Die Liebesgeschichte unserer Zeit (1967)
  • Unterwegs nach Kathmandu (1970/71)
  • Gestern war heute noch morgen - Planet Erde (1991) (Dokumentarfilm)
  • Das letzte U-Boot (1992)

Im Handel erhältliche CDs & Bücher:

1.) OSKAR SALA "My Fascinating Instrument" (Erdenklang 90340). Ausschließlich eigene Kompositionen seiner Schaffensperiode von 1955 bis 1989.

2.) OSKAR SALA "Subharmonische Mixturen" (Erdenklang 70962). Enthält Paul Hindemiths "Langsames Stück und Rondo für Trautonium", eigene Kompositionen von 1992 bis 1995 und seine Musik zum Film "Der Würger von Schloss Blackmoor"

3.) OSKAR SALA "Elektronische Impressionen" (Erdenklang 81032). Hindemiths "7 Triostücke für 3 Trautonien" (1930) und sein "Konzertstück für Trautonium und Streicher" von 1931, aufgenommen 1977 und Salas "Elektronische Impressionen" von 1978.

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Buch
Der Satzwerk Verlag würdigt den Pionier der elektronischen Musik mit einem Buch, das Hommage und Retrospektive ist: mit Essays, Disko- und Bibliografie, mit Textbeiträgen, Foto- und Tondokumenten (auf einer beigefügten CD-ROM) portraitiert das Buch Oskar Salas Leben und Werk.

Peter Badge
"Oskar Sala: Pionier der elektronischen Musik"
Hg. von Peter Frieß
Vorwort von Florian Schneider
Buch mit CD-ROM/Audio-CD
Satzwerk Verlag
ISBN 3-930333-34-1FILM

Oskar Sala, Die vergangene Zukunft des Klanges
Ein Film von Oliver Rauch und Ingo Rudloff
Upstart Filmproduktion Wiesbaden