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Quadrat:sch live | Fotos

Bilder vom Konzert beim Jazzherbst in Konstanz, Oktober 2010.

Quadrat:sch

Zuhörmusik im Gegensatz zur ländlichen Tanzmusik – subtile Klangwelten mit Hackbrett, Zither, Gitarre und Kontrabass – alpenländische Stubenmusik zwischen Neuer Musik, Klassik, Country, Jazz, Ethno und Volksmusik, mit spannenden Klängen und Grooves und Improvisationen.

Barbara Romen | Hackbrett, Christof Dienz | Zither, Alexandra Dienz | Kontrabass und Gunter Schneider | Gitarre

© Fotos von Hubl Greiner 2010

Strenge Schönheit

Das duo Contour – der englische Trompeter Stephen Altoft und der amerikanische Schlagzeuger Lee Ferguson Forrest – interpretieren auf dem neusten Album aus der Edition Wandelweiser Kompositionen von Jürg Frey und Antoine Beuger. Die CD beginnt mit Frey »22 Sächelchen», einer Reihe von 22 Kürzeststücken. Sie tragen Titel wie »Abendlied«, »Cadillac«, »Der Photograph« usw.

Das Album beginnt mit weichen Trompetensignalen, dem ein langes Schweigen folgt. Zerbrechliche Klänge werden frei gesetzt und gehören ganz der gewohnten Wandelweiser Subtilität an.

»A Melody for William Street« dauert dreissig Sekunden lang und umfasst acht absteigende Trompetennoten – scharf und laut, insgesamt sechs Mal, während ein Trommelwirbel auf eine Snare-Drum rasselt. Gerade jenes Stück scheint das in sich geschlossene System der mehrheitlich sehr ruhigen Kompositionen aufzubrechen und endet so schnell, wie es flüchtig aufleuchtet.

Die 22 Miniaturen beinhalten kleine Monologe und jazzige Melodien, wenn man so will: musikalischer »Krimskrams«. Doch mit welch intensivem Gefühl der Strenge und einem ausgeprägten Sinn für Präzision – in aller Klarheit, so wie die Musik gespielt wird, so wie die Instrumente zueinander positioniert sind, selbst dann, wenn es manchmal schwer einsehbar ist, wie die Stücke zueinander liegen.

Fast 34 Minuten dauern die »Dedekind Duos« von Antoine Beuger. Der Booklet-Text bezieht sich auf den Mathematiker Richard Dedekind (1831- 1916) und erinnert an seine Theorie über die »eindeutige Zerlegbarkeit der Ideale in Primideale im Ring der ganzen Zahlen eines algebraischen Zahlkörpers«. Mögen bei Freys Musik ab und an musikalische Überraschungen auftreten, so bleibt Beugers Musik konsequent statisch und ist gerade mal genug wahrnehmbar, um leise Veränderungen der Luftfarben zu erkennen, etwa auch dann, wenn ein leises Vibrieren der beiden Instrumente im Folgenden die Töne wie mathematisch zuzuordnen scheint. Ebenso hier ist die Komposition makellos ausgeführt und atemberaubend präzise gesetzt. Michael Heisch

duo Contour: Stephen Altoft (Trompete), Lee Forrest Ferguson (Perkussion), Kompositionen von Jürg Frey und Antoine Beuger, EWR 0906.

LAUS, Einsunk

Das Debut-Album von «LAUS» (lat. Lob) heisst «Einsunk» und ist wie eine Quersumme von zwei scheinbar entgegen gesetzten Stilrichtungen: Intensive Auseinandersetzung im Bereich der zeitgenössisch komponierten Musik trifft auf Rockband-Erfahrung. Die beiden Musiker Lorenz Haas (Perkussion, Vibraphon, Table-Guitar, Piano) und Nicola Romanò (Violoncello) sind unter anderem Mitglieder des renommierten «ensemble für neue musik zürich».

Laus

Dieser Hintergrund ist den elf Kompositionen verständlicherweise anzuhören; etwa die komplexen, rhythmischen, Schichtungen oder die ungewohnten, melodischen Linien und Harmonien. Auf dem Erstlingswerk wird das Duo Haas/Romanò um vier weitere Musiker ergänzt: Hartmut Nahor Bardig (Vocals), Wolfgang Zwiauer (Bass), Gianluca Romanò (Piano) und Crispin Perez (Drums). Abgemischt hat das Album der innovative Tontechniker S. Husky Höskulds, bekannt vor allem durch seine Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Musiker und Multiinstrumentalisten Mike Patton.

Anders allerdings als Pattons rasante Stil-Zappereien (vgl. «Fantômas» oder «Mr. Bungle») sind die Kompositionen von «LAUS» sehr verdichtet und verwoben, sie tragen geradezu atmosphärische Züge. Über den Instrumentalteilen schwebt ein losgelöster Gesang und beschreibt albtraumartige Zustände (Lyrics: Gereon Gliaug Sprick.

Im besten Sinne irritieren diese richtungslosen Klangströme und lassen den Hörer streckenweise alleine auf sich gestellt. Was im ersten Moment nach sound-tüfteliger Studio-Solitüde vermuten lässt, trägt die Handschrift von Lorenz Haas, der diese spielerischen, wenn auch dunklen Klangwolken und Stimmungen auf Notenpapier brachte.

«LAUS»: «Einsunk», LC 20625, www.laus.ch